Wednesday, April 20, 2011

Wertvollzug

Die Wertlehre feiert in der Erörterung der Frage des gerechten Krieges ihre eigentlichen Triumphe. Das liegt in der Natur der Sache. Jede Rücksicht auf den Gegner entfällt, ja sie wird zum Unwert, wenn der Kampf gegen diesen Gegner ein Kampf für die höchsten Werte ist. Der Unwert hat kein Recht gegenüber dem Wert, und für die Durchsetzung des höchsten Wertes ist kein Preis zu hoch. Hier gibt es dann infolgedessen nur noch Vernichter und Vernichtete. Alle Kategorien des klassischen Kriegsrechts des Jus Publicum Europaeum - gerechter Feind, gerechter Kriegsgrund, Verhältnismässigkeit der Mittel und das geordnete Vorgehen, der debitus modus - fallen dieser Wertlosigkeit hoffnungslos zum Opfer. Der Drang zur Wertdurchsetzung wird hier ein Zwang zum unmittelbaren Wertvollzug.

Carl Schmitt, Die Tyrannei der Werte, 1960.