Es zeigt sich - gerade auch in der Geschichte des deutschen Volkes, dass die geistigen Verbindungsfäden zur Landschaft nicht immer nur zum eigenen bewohnten Raum führen, sondern in manchen Epochen Verknüpfungen zu fremden Landschaften herstellen, die schwerwiegende politische Auswirkungen haben. Ausserhalb des eigenen Volksraumes liegende fremde Länder hatten eine so starke Bedeutung, dass sie die politischen Wege der Staatsführung bestimmten. Die deutsche Kaiserpolitik des Mittelalters richtete sich nicht aus wirtschaftlichen Motiven nach Italien, sondern weil auf dem italischen Boden die Idee des Imperiums entstanden war und man glaubte, dass man die Idee des "Reiches" erst dann erfüllt haben würde, wenn man auch den Boden, auf dem sie sich als römische Weltmacht einmal verwirklichte, selbst im Besitz haben würde. Gleichzeitig wurde dieses Rom auch der Mittelpunkt der christlichen Welt, und da das Reich nur als ein "heiliges", getragen von der christlichen Mission denkbar war, so war die Einbeziehung der kirchlichen Metropole in das Reich auch von dieser Seite her das Ziel vieler politischer Aktionen durch Jahrhunderte. Ais dem Kräften des christlichen Glaubens heraus war es möglich, dass wiederholt Ritterheere des Abendlandes Kreuzzüge unternahmen, um das Land zurückzuerobern, in dem der Gründer der Religion gelebt hatte. Fern vom eignen völkischen Landgebiet, im Morgenlande, vom fremden Menschen bewohnt und wirtschaftlich ohne Bedeutung - war es doch "heiliges Land", weil in ihm der Glaube entstanden war, der sich dann in alle Welt hinaus verbreitet hatte. Der innere Besitz seines Ursprunglandes wurde gefordert. Wenn auch noch andere Motive dabei wirksam waren, so ist doch nicht zu leugnen, dass hier eine von geistlichen Kräften des Glaubens getragene Verbundenheit mit einem völkisch fremden Lande vorhanden war, eine Bindung, die zu bedeutungsvollen politischen Bewegungen führte. Es wurden Heereszüge unternommen, bei denen einmal ein Kaiser sein Leben verlor, wärend sein Herzog einer heimatlichen Raumpolitik diente.
Wolfgang Scheibe, Formkräfte der Lanschaft, Kurt Vowinckel, Heidelberg und Berlin 1936 (Schriften zur Geopolitik. 13)
Tuesday, November 16, 2010
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