Der Mythos des jüdischen Volkes beginnt nicht, wie andere Mythologien, mit einer kosmischen Geburt, oder mit einem Urfrevel, mit einem Akt der Magie und des Blutes -: er hebt an mit einem Akt der Ratio und einem Vertrag. Jehovah und sein auserwähltes Volk schliessen einen richtigen Pakt mit gegenseitigen Pflichten und Rechten, beinahe in juristischer Form. [...] Gesetze sind nicht geradezu Verträge, aber sie entstammen der gleichen rationalen Schicht. [...] Die jüdische Geschichte also hebt an mit einem Vertrag und entwickelt sich weiter in der Form des Vertrags. [...]
Das ungehure Gewicht, das auf der völkisch-sittlichen Forderung liegt, ist einzig dastehend in älterer und neuerer Geschichte. Ihr Führer Jehovah - wie höchst bezeichnend, dass er ganz eigentlich als Führer vor ihnen herzieht "des Tages in einer Wolkensäule, des Nachts in einer Feuersäule" - ist seinem Wesen nach ein ethischer Dämon, ein eifersüchtiger und unnachsichtlicher Wahrer der völkischen Moral. - Es ist eine der stärksten und eigentümlichsten Leistungen der Juden, dass sie die Sittlichkeit vergottet und die Gottheit versittlicht haben. Diese Leistung ist vielleicht der entscheidendste Beweis für die ausserodentliche biologische Stärke dieser Nation.
Ludwig Paneth, Rätsel Mann. Zur Krisis des Menschentums. Rascher, Zürich 1946.
Monday, August 23, 2010
Subscribe to:
Post Comments (Atom)
No comments:
Post a Comment