Wednesday, October 28, 2009

Das Sintflutgeschlecht


Die Eroberung Kanaans durch das Volk Israel wird von der Thora als ein Strafgericht bezeichnet. Nur dem Gottesvolke ist das "heilige" Land zugedacht, nur dem Volke, welches sich durch seinen religiös-sittlichen Wandel bewahrt; ihm steht es auch zu, den Kampf Gottes gegen Amalek zu führen.

Nunmehr wurde der israelitische Staat auf den Grundfesten des Rechts aufgerichtet, um in ihm das sittliche Ideal der sozialen Gerechtigkeit und der Nächstenliebe, als Postulat des reinen Gottesglaubens zu verwirklichen.

Um den Bestand dieses Idealstaates gegen die Gefahr heidnischer Einflüsse zu schützen, bedurfte es einer gewissen Absonderung. Der Lebensplan Abrahams, des Stammvaters, wiederholt sich in der Nationalverfassung Israels. Nach aussen Liebe ausströmend, nach innen abgeschlossen, wachend über der Eigenart, der Tradition.

Der Staat Israel war allen geöffnet und bot allen Heimat, die "den Staub des Götzendienstes" an der Schwelle des Landes von ihren Füssen abgeschüttelt haben. Keine Rasse wurde an sich für minderwertig erklärt, kein Mensch wurde abgewiesen, sobald nur das Unerlässliche, das Menschliche, das Recht, von dem Eintretenden unangetastet blieb. Wer nur zum Prinzip des Rechts sich bekannt hat, wurde schon hierdurch der Gleichberechtigte mit den Israeliten. Es wurde nicht einmal volle Bekehrung zur Staatsreligion Israels gefordert, sondern schon, wer ein Noahskind war und mit seinem Bekenntnis zum Recht und dem Richter der Welt am Staate und an der Menschheit aufbauend zu wirken versprach, galt als vollberechtigter Staatsbürger. Nur wer Gottesgericht und Menschenrecht leugnete, musste ferngehalten werden: er war aus dem Sintflutgeschlechte, welches keinen Bestand hatte und die Welt zu zersetzen drohte.

A. Liebermann, Zur jüdischen Moral. Das Verhalten von Juden gegenüber Nichtjuden nach dem jüdischen Religionsgesetze, Berlin 1920.


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