Die von manchen behauptete Gleichsetzung der französischen Neuen mit der alten Rechten - in Wirklichkeit trennen sie Welten! - kann als widerlegt gelten. Neue Fronten sind längst formiert; deutsche Anhänger der Neuen Rechten haben dies noch nicht so recht erkannt. Möglich, dass sie zu den überraschtesten Lesern gehören werden. Darüber sollten sie nachdenken. In unserer Zeit bedrohter Demokratien erweist sich Alain de Benoist als weniger pathetisch, denn wirkungsvoll argumentierender Verteidiger der demokratischen Regierungsform. Gerade weil der Begriff des Volkes Ausgangspunkt neurechten Denkens ist, mithin die Volkssouveränität staatliche Gewalt legitimiert, muss das demokratische Verfahren Wesensmerkmal des gesellschaftlichen und staatlichen Daseins bleiben und werden. Die Übung der Demokratie besteht darin, jedem Staatsbürger die Teilnahme (participation) am historischen Geschehen zu ermöglichen. Dass eine solche Sichtweise nicht nur berechtigende, sondern auch verpflichtende Anforderungen an den Wahlbürger stellt, kommt letztlich der nationalen Gemeinschaft zugute, die Alain de Benoist im Zeichen der Brüderlichkeit vereint sehen möchte. Auch die Gewählten - jene ebenfalls in der Bundesrepublik bekannte Kaste allürenhaft agierender Potentaten - sollten durchaus nicht nur ihrem Gewissen unterworfen sein. Als Beauftragte der Wahlbürger haben sie sich in dem Entwurf von Alain de Benoist einem imperativ zu verstehenden Mandat zu unterwerfen. Für deutsche Verhältnisse bedeutete dies wohl eine Umkerung des Bonner Aperçus: Abgeordnete sind an Weisungen nicht gebunden, aber an Überweisungen.
Dem Leser sei zur Vermeidung vorüberflutender Erinnerungen angeraten, Rousseaus staatsrechtliche Gedanken und seine Freiheitslehre einer erneuten Lektüre zu unterziehen. Sie sind bedeutsam für die wahrhaftige Volkssouveränität im Sinne der Neuen Rechten.
Die Entwicklung einer erneuerten demokratischen Kultur, wie sie hier von der Nouvelle Droite angestrebt wird, enthält "volksdemokratische" Elemente, die den deutschen Leser unweigerlich zu dem amüsanten und hoffentlich vorurteilsfreien Vergleich mit Prinzipien grün-alternativer Politik anstiften: Technokratiekritik, Förderung kommunaler und regionaler Basisinitiativen, Dezentralisierung, verstärkte Partizipation der Bevölkerung, Sicherung des Wählerwillens und Ablehnung eines privatistischen Mandatsverständnisses, Mobilmachung gegen die zunehmende politische Apathie. Diese Schwerpunkte grüner Basisdemokratie können im Demokratiekonzept von Alain de Benoist nachgelesen werden.
Das Buch ist eine gelungene Anregung für Skeptiker der Demokratie, pragmatisch kostbar aber auch für jene, die ohne Belastung durch Wälzerformate und oberlehrerhafte Bevormundung Demokratie leben wollen: eine Aufforderung zur Partizipation.
Alain de Benoist, Démocratie: Le problème. Le Labyrinthe, Paris, 1985. Buchbesprechung in: DESG-inform, 3/85, Hamburg 1985.
Monday, February 22, 2010
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