Friday, February 5, 2010

Triebfeder

Wenn aber auf jene Weise die Menschen von Kindheit an gewöhnt werden, einen niedrigen Eigennutz zur Triebfeder aller ihrer Handlungen zu machen, ist es dann zu verwundern, wenn man im bürgerlichen Leben allgemein die schädliche Wirkung dieser Verkehrtheit gewahr wird? Die mehrsten von den Regierungen ausgesetzten Preise, um Ordnung, Fleiss und Thätigkeit zu befördern, die sich doch selbst so reichlich belohnen, liefern einen traurigen Beweis davon, dass man den Menschen das Interesse sehr nahelegen müsse, um sie zu Ausübung ihrer Pflicht zu ermuntern. Ja die ganze geheime Kunst, Menschen zu regieren, besteht fast allein in der Gewandtheit, mit der man ihre Leidenschaften zu guten Zwecken zu nützen und ihnen, bey Verwendung ihrer Kräfte, nicht zu entfernte, aber in die Sinne fallende Vortheile zu zeigen versteht.

Adolph Freiherr Knigge, Über Eigennutz und Undank. Ein Gegenstück zu dem Buche: Über den Umgang mit Menschen. In: Ausgewählte Werke in zehn Bänden; Band 7: Philosophie II. - Ordenswesen. Fackelträger-Verlag, Hannover 1994.

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